Immagini e Immaginazione: Leopardis Bilder – Reflexionen von Bild und Bildlichkeit
22. Juni 2017
Tagung
Über lange Jahre hinweg hat sich Leopardi in seinem Zibaldone bekanntlich mit vielerlei Aspekten der Metapher einerseits, mit dem Wirken und der Bedeutung der Imagination andererseits befasst. Beide Fragenkomplexe gemeinsam entwerfen in jener teils aphoristischen, teils tentativ-repetitiven Denk- und Schreibweise, wie sie dem Zibaldone di pensieri zu eigen ist, nicht schon eine Theorie – die theoria, die ‚göttliche Schau‘ in Form eines abschließbaren und letztlich abgeschlossenen Traktats wird weder erstrebt noch erreicht –, aber doch eine möglicherweise aus eben diesem Grund desto komplexere, weil beweglichere Gedankenmatrix, an die sich viele frühere und spätere Überlegungen zur Bildlichkeit literarischer und anderer Texte anschließen lassen: Erinnert sei nur exemplarisch an die „metafora ardita e pellegrina“ des 17. Jahrhunderts auf der einen Seite und auf der anderen an die kühne Metapher und die „parola pellegrina“ Leopardis.
In diesem Sinn stellt sich die Frage, ob, ausgehend von der Bildlichkeit des Leopardischen Werks wie auch ausgehend von Leopardis Reflexion über Bildlichkeit und Imagination in Briefen, im Zibaldone und in den übrigen Schriften andere Bezüge als bislang vermutet sichtbar werden, die zugleich Canti, Operette morali und weitere Werke des Dichters aus Recanati in einem neuen Licht erscheinen lassen. Entsprechend wird die Konstanzer Leopardi-Tagung vor diesem Hintergrund zudem die Bildlichkeit der Texte Leopardis neu lesen.
Zugleich jedoch gilt es, im Kontext von „immagini e immaginazione“ auch die Frage nach der ‚produktiven Rezeption‘ der Bilder Leopardis in seither entstandenen Sprachkunstwerken zu stellen, die Frage nach der Funktion von Bildern und nach Dialogen zwischen Texten, die über deren sprachlich konstituierte Bildlichkeit und, allgemeiner, Visualität, zustande kommen. Bekanntestes Beispiel ist hier wohl die Vorstellung des Unendlichen und, im Blick auf Leopardi mit ihr untrennbar verbunden, die des „naufragar […] dolce“. Aber auch über diese spezifische Version der ‚unendlichen Fahrt‘ (Manfred Frank) und des Schiffbruchs, auch über dieses berühmteste Gedicht hinaus, das – etwa in Tiziano Scarpas Stück L’infinito – im 21. Jahrhundert sogar den Weg auf die Theaterbühne gefunden hat, lassen sich Reflexe und Reflexionen Leopardischer Bildlichkeit in zahlreichen Texten des 19.-21. Jahrhunderts aufspüren.
Die gemeinsam von der Deutschen Leopardi-Gesellschaft und der romanistischen Literaturwissenschaft der Universität Konstanz veranstaltete Tagung wird das Werk und Wirken Leopardis auf diesen drei Pfaden – Reflexion von immagine und immaginazione in Leopardis Schriften, Bildlichkeit und Visualität in Leopardis Werk, Leopardis Bilder in der Literatur des 19.-21. Jahrhunderts – neu zu erkunden suchen.
Do–Sa, 22.–24. Juni 2017, ab 16 Uhr
Universität Konstanz, V 1001 (Senatssaal)
Organisation
Prof. Dr. Barbara Kuhn (KU Eichstätt-Ingolstadt), Präsidentin der Deutschen Leopardi-Gesellschaft, barbara.kuhn[at]ku.de
Prof. Dr. Michael Schwarze michael.schwarze[at]uni-konstanz.de
- Dateien:
Programm-Leopardi-Tagung.pdf6,60 Mi